Shoppen, feiern, fröhlich sein

Endlich Zeit zum Shoppen! Ich stehe in der Umkleidekabine und will gerade in die Anzughose schlüpfen, da geht das Licht aus. Zwei Business-Anzüge habe ich mir ausgewählt und in die Kabine mitgenommen. Ich war mir bis eben gerade ziemlich sicher, dass ich einen der beiden Anzüge kaufen werde. Aber nun ist es zappenduster. Shoppen is over. Warum? Die Mitarbeiter wollen den Laden schließen. Dabei macht der Laden doch eigentlich erst in zwei Stunden zu, denke ich. Bevor ich den ganzen Weg hierher gefahren bin, hatte ich extra noch auf der Homepage des Geschäfts nachgesehen und mir die Bestätigung geholt, dass es bis 22 Uhr geöffnet hat. Und jetzt ist es kurz nach acht.

In nahezu völliger Dunkelheit versuche ich, meine Strassenkleidung zu finden und hineinzuschlüpfen. Als ich endlich komplett angezogen die Kabine verlasse, stehen die Mitarbeiter des Ladens im Pulk zusammen und starren mich an. Ich frage: „Wieso machen Sie denn heute früher zu?“ „Ladenschlussgesetz!“ klärt mich eine Verkäuferin auf. „Am Gründonnerstag müssen wir um acht schließen.“

[Tweet “Beinahe wäre ich zum Sünder geworden.”]

Wie schön, dass der Gesetzgeber uns so intensiv beschützt. Er schützt die Ladenbetreiber davor, selber zu entscheiden, wann sie ihren Laden öffnen. Und er schützt die Bürger davor, am Abend vor einem religiösen Feiertag einkaufen zu gehen. Da bin ich doch gerade noch einmal davongekommen, denke ich. Beinahe wäre ich zum Sünder geworden, doch das gute Gesetz hat mich davor gerettet, eine Freveltat zu begehen. Einkaufen! Am Abend vor Karfreitag! Welch Schmach, welch Schande! Wo kämen wir denn da hin, wenn das jeder täte?

Zwar gilt in Deutschland offiziell die Religionsfreiheit. Aber wehe, Du vertrittst den Glauben, dass Einkaufen keine Sünde ist. Noch nicht einmal vor oder an einem Feiertag. Dann belehrt Dich unser heiliges Ladenschlussgesetz, dass Du Dich wohl geirrt haben musst. Bevor mir jemand vorwirft, die Sache mit Karfreitag hätte ich doch wissen müssen: Ich hatte davon gehört, dass es in Deutschland aufgrund der fehlenden Trennung von Staat und Kirche gesetzliche Einschränkungen gibt, was das Tanzen, Feiern und Fröhlichsein am Karfreitag anbelangt. Bis dato völlig neu war mir, dass es sogar verboten ist, zu shoppen am Abend vor dem Tag, an dem es verboten ist, zu tanzen, zu feiern und fröhlich zu sein. Wie schön, dass die Leute, die unsere Gesetze machen, immer so ganz genau wissen, was falsch und was richtig ist!

[Tweet “Wie schön, dass die Leute, die unsere Gesetze machen, immer so ganz genau wissen, was richtig ist!”]

photo credit: Shopping Tempel via photopin (license)
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